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Autofahren sollte die Ausnahme sein, nicht die Regel

Wasilis von Rauch ist Bundesvorsitzender des Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD), einem gemeinnützigen Umweltverband für eine umwelt- und sozialverträgliche, sichere und gesunde Mobilität.

Welche politischen Impulse brauchen wir für eine nachhaltige Mobilität?

von Rauch: Nachhaltige Mobilität heißt allem voran weniger Autofahren. Aktuell sind 25 Prozent der der Wege, die mit dem Auto zurückgelegt werden, unter zwei Kilometern. Die Hälfte kürzer als fünf Kilometer. 70 Prozent sind kürzer als zehn Kilometer. Das bedeutet, es gibt viel zu viele unnötige Autofahrten, wodurch der Autoverkehr dem Klima massiv schadet und die Städte an Autos ersticken. Der Verkehrssektor ist der einzig relevante Industriezweig, dessen Treibhausgasemissionen weiter ansteigen. Anstatt der angezielten 20 Prozent unter den Emissionswerten von 1990, liegen wir heute einige Prozentpunkte über den damaligen Werten.
Aufgabe von Verkehrspolitik muss es sein, genug Angebote zu schaffen, damit Menschen problemlos ohne eigenes Auto leben können. Das heißt: Fahrrad– und Fußwege müssen flächendeckend sicher, komfortabel und in gutem Zustand sein. Sie müssen wirksam von parkenden Autos freigehalten werden. Ebenso wichtig ist ein zuverlässiger öffentlicher Nahverkehr, der den ganzen Tag alle wichtigen Orte anfährt – auch auf dem Land. Auch jenseits von großen Städten muss Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ohne Führerschein und Auto möglich sein.
Auch der Bußgeldkatalog müsste überarbeitet werden. So lange gefährdendes Falschparken oder Rasen so wenig kosten wie jetzt, werden viele Autofahrende sich weiterhin nicht an die Regeln halten. Tag für Tag halten beispielsweise Paketzusteller unerlaubterweise auf Rad- und Gehwegen. Das schafft gefährliche Situationen für alle Verkehrsteilnehmer. Ein durch ein Auto blockierter Radweg kostet, wenn er überhaupt geahndet wird, nur zehn bis zwanzig Euro. Damit liegt Deutschland weit unter dem EU-Durchschnitt. In den meisten Ländern kosten solche Vergehen rund 100 Euro.

Was kann jede und jeder von uns für die Mobilitätswende tun?

von Rauch: Mobilität ist häufig Routine. Wichtig ist es daher, offen zu sein, neue Wege auszuprobieren. Wie ist es, mit der Bahn in den Urlaub zu fahren oder mal Carsharing auszuprobieren? Ist ein E-Bike vielleicht eine Lösung für mich, wenn ich in einer steilen Umgebung wohne, Kinder mitnehmen will oder die Wege sonst zu lang fürs Rad sind? Gleichzeitig ist es wichtig, sich bewusst zu machen, was die eigene Mobilität für einen selbst, die Gesellschaft und das Klima für Konsequenzen hat. Vor allem Eltern sollten sich der eigenen Vorbildfunktion beim Thema Mobilität immer wieder bewusst werden. Der Trend, dass Eltern ihre Kinder teilweise bis zur vierten Klasse mit dem Auto zur Schule bringen, ist da ein Riesenproblem. Was Kinder von ihren Eltern vorgelebt kriegen, werden sie sehr wahrscheinlich weiterleben. So ziehen wir eine Generation heran, für die das Auto auch für kürzeste Wege fester Bestandteil des Alltags ist.

In welchen Momenten greifen Sie auf das Auto zurück?

von Rauch: Ich habe kein eigenes Auto und komme ohne gut zurecht. Für die meisten Transporte habe ich ein Cargobike. Wenn das mal nicht reicht, leihe ich mir ein Auto. Auch in die meisten Urlaubsgebiete komme ich besser und entspannter mit Bus und Bahn. Beim Bergsport ist es manchmal schwer, da bilden wir Fahrgemeinschaften – letztendlich ist ein eigenes Auto für mich verzichtbar.