Sind Biokunststoffe die Lösung für das Plastikmüll-Problem?
Fast 38 Kilogramm Plastikmüll produziert jeder von uns im Schnitt pro Jahr. Der größte Teil entsteht durch Verpackungen. Unsere Frage des Monats: Was steckt hinter dem Begriff „Bioplastik“? Und können Biokunststoffe die Lösung für das Plastikmüll-Problem sein?
Nicht vom „Bio“ täuschen lassen
Bioplastik klingt erst einmal sehr umweltfreundlich. Doch drin steckt neben Wasser und Energie auch viel Chemie. Bioplastik darf sich so nennen, weil es entweder (zum Teil) aus erneuerbaren Rohstoffen wie Mais oder Zucker gemacht wird (biobasiertes Plastik) oder biologisch abbaubar ist. Es kann auch beides zutreffen.
Ökologisch ist es deshalb noch lange nicht. Biologisch abbaubares Plastik kann zum Beispiel aus konventionell angebautem Mais gemacht sein, aus dem Polymer der Milch oder einfach aus Erdöl. Das heißt, biologisch abbaubare Kunststoffe sind nicht unbedingt biobasiert. Andersherum sind derzeit weniger als 40 Prozent der biobasierten Kunststoffe auch biologisch abbaubar.
Bioplastik nicht besser als normaler Kunststoff
Die schlechte Nachricht: Das Umweltbundesamt schätzt biobasiertes und biologisch abbaubares Plastik nicht nachhaltiger ein als ganz normalen Kunststoff. Das sind die Gründe:
1. Bioplastik-Verpackungen dürfen nicht in Biotonne, Kompost oder Landschaft geworfen werden. Sie müssen in die gelbe Wertstofftonne.
Das gilt sogar für biologisch abbaubaren Kunststoff: In der Landschaft, auf dem Kompost und im Meer sind die Bedingungen nicht ideal, sodass er erst nach mehreren Monaten in Wasser und CO2 zerfällt. Bis dahin ist er zum Beispiel für Tiere eine Gefahr, genau wie konventionelles Plastik.
Selbst in industriellen Kompostieranlagen, in denen der Inhalt von Biotonnen landet, kann es laut Dr. Petra Weißhaupt vom Umweltbundesamt Probleme geben. Dort können – trotz eigentlich idealer Bedingungen – Plastikteile im Kompost übrig bleiben, die sich nicht zersetzt haben. Außerdem wird befürchtet, dass Verbraucherinnen und Verbraucher die Plastiksorten verwechseln und in der Biotonne Kunststoff landet, der überhaupt nicht biologisch abbaubar ist.
2. Biobasiertes Plastik hat keine bessere Ökobilanz als normaler Kunststoff.
Bisher wird Ihr Einkauf nicht nachhaltiger, wenn Sie zu biobasiertem Plastik greifen. Es verursacht zwar weniger CO2-Emissionen, aber insgesamt ist sein ökologischer Fußabdruck nicht kleiner als der von konventionellem Kunststoff. Denn der Anbau von Bioplastik-Pflanzen verbraucht reichlich Rohstoffe, und die Monokulturen sowie der Dünger strapazieren die Böden. Beispielsweise werden für eine Tonne Polymilchsäure (PLA) für biobasierte Müllbeutel über zwei Tonnen Mais und fast 3.000 Kubikmeter Wasser benötigt.
Problematisch ist außerdem – ähnlich wie beim Rapsanbau für Biodiesel –, dass Felder, die für den Bioplastik-Pflanzenanbau genutzt werden, für die Lebensmittelproduktion wegfallen. Wenn weltweit große Flächen für die Biopflanzenproduktion genutzt würden, könnte das die globalen Lebensmittelpreise steigen lassen.
3. Biologisch abbaubares Plastik ist nicht umweltfreundlicher als normaler Kunststoff.
Auch biologisch abbaubares Plastik hat keine bessere Ökobilanz als konventionelles: Wenn es sich zersetzt, entsteht CO2 – wie beim Verbrennen von herkömmlichem Plastik. Das Verfeuern hat sogar noch eine bessere Bilanz. Denn dabei entstehen Energie und Wärme, die genutzt werden können. Ökologisch sinnvoller ist es, langlebigen Kunststoff immer wieder zu recyceln.
Verzichten Sie auf Bio-Müllbeutel
Nicht sinnvoll ist der Kauf von kompostierbaren Bio-Müllbeuteln, erkennbar am Keimling-Symbol. Sie sind zwar in manchen Städten und Gemeinden für die Biotonne zugelassen, werden aber in den Kompostieranlagen größtenteils aussortiert und landen im Restmüll. Denn die Technik kann nicht zwischen den Beuteln und Störstoffen unterscheiden. Auf den Gartenkompost sollten kompostierbare Bio-Müllbeutel auch nicht, weil dort keine idealen Bedingungen herrschen. Die sind aber nötig, damit das Plastik schnell und zuverlässig zerfällt.
Mehrweg statt biologisch abbaubar
Mehrwegtaschen oder -boxen sind in jedem Fall die ökologischste Alternative. Umweltfreundlich ist alles, was Sie öfter benutzen. Ihren Biomüll können sie auch ohne Beutel im Eimer sammeln. Waschen Sie ihn einfach regelmäßig aus, das ist nachhaltiger.
Bioplastik hat trotzdem Potenzial
Biokunststoffe könnten in der Zukunft eine gute Alternative zu konventionellem Plastik werden, wenn sie weiterentwickelt werden. Dafür spricht, dass sie zum Teil ohne Erdöl hergestellt werden können und dieser Rohstoff endlich ist. Allerdings müsste die Bioplastikherstellung umweltfreundlicher werden und dürfte nicht mit der Nahrungsmittelpflanzenproduktion um Flächen konkurrieren.